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Inzidenz

Kopfläuse (pediculus humanis capitis) sind stationäre Ektoparasiten, die ausschließlich am menschlichen Wirt vorkommen. Kopflausbefall ist die häufigste Parasitose im Kindesalter und nach den Erkältungskrankheiten die zweithäufigste Infektionskrankheit überhaupt. Das Robert-Koch-Institut (RKI) geht davon aus, dass jedes dritte Kind bis zum Erreichen der Volljährigkeit mindestens einmal Kopfläuse hat.

In Deutschland wird die jährliche Inzidenz in der Altersgruppe der 8- bis 12-Jährigen auf ca. 1.500 Infestationen pro 10.000 Kinder geschätzt. Neuere Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass die tatsächliche Häufigkeit weitaus höher sein könnte. Im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung wurde im Jahr 2007 bei 0,7 Prozent der Schüler in Braunschweig ein akuter Kopflausbefall diagnostiziert beziehungsweise bei 5,6 Prozent eine Pedikulose während der vergangenen 12 Monate bestätigt. Damit liegt die errechnete jährliche Inzidenz allein in der Altersgruppe der 5-6-Jährigen bei 598 Infektionen pro 10.000 Kinder. Eine um den Faktor 2-4 höhere Prävalenz ergibt sich aus diesen Zahlen, wenn statt der wenig sensiblen herkömmlichen Sichtinspektion das vom Robert-Koch-Institut empfohlene feuchte Auskämmen mit Pflegespülung als Diagnoseverfahren herangezogen wird. Eine weitere Untersuchung von 2.000 Kindergartenkindern sowie Schülern aus Kiel im Jahr 2009 ergab schließlich eine Punktprävalenz von 3,7 Prozent in der Altersgruppe der 3- bis 12-Jährigen.

Berechnet auf Basis der abgegebenen, apothekenpflichtigen Kopflausmittel gibt es jährlich rund 1,7 Millionen Infektionen (GfK, Stand: Dezember 2014). Die steigenden Verkaufszahlen in den Jahren 2000 bis 2007 belegen dabei nicht zwingend eine wachsende Inzidenz. Auch Therapiewechsel zum Beispiel aufgrund von unwirksamen Erstbehandlungen mit einem der zunehmend verfügbaren, behördlich jedoch nicht anerkannten Kopflausmittel, aber auch aufgrund möglicher Resistenzen, können den Anstieg der Verkaufszahlen begründen. Fest steht, dass die Zahl der abgegebenen Kopflausmittel seit 2007 um 24 Prozent zurückgegangen ist. Auch wenn die Verkaufszahlen 2014 im Vergleich zu 2013 wieder zugenommen haben, so spricht dies nicht zwingend für eine erneute Zunahme von Kopflausfällen. Wenn mehr Verpackungen in den Apotheken abgegeben werden, kann dies auch an empfohlenen Dosisanpassungen (intensivere Durchfeuchtung der Haare) sowie empfohlenen Mehrfachanwendungen pro Fall liegen.

Charakteristisch für die Inzidenz sind jahreszeitliche Schwankungen: In den Monaten der Sommerferien steigt die Zahl der Infektionen gewöhnlich an und erreicht im September ihren Höhepunkt. Auch im März wird häufig eine Zunahme der Kopflausfälle beobachtet. Eine wirkliche Erklärung für dieses Phänomen gibt es nicht. Für die Annahme, dass sich Kinder während der Ferien im Ausland infizieren, gibt es keine gesicherten wissenschaftlichen Belege. Es wird vermutet, dass der Nahkontakt unter Heranwachsenden, besonders unter Mädchen, in den Sommermonaten stärker ausgeprägt ist, wodurch ein Infektionsrisiko begünstigt wird. Mit zunehmenden Kopflausfällen steigt auch die öffentliche Awareness, was möglicherweise erhöhte Vorsichtsmaßnahmen, vermehrte Aufklärung und eine stärkere Konsequenz in der Behandlung zu Folge hat. Prophylaxe und therapeutische Konsequenz könnten die Infestationsrate dann ab Herbst wieder abnehmen lassen.

Spezifische Risikofaktoren sind nicht bekannt. Statistisch gesehen erkranken Mädchen häufiger als Jungs. Am höchsten ist die Prävalenz in der Altersgruppe der 8-12-Jährigen. Hygienische Ursachen gibt es nicht. Jedoch zeigt die Erfahrung vieler Kinderärzte, dass überproportional häufig Kinder aus sozial benachteiligten Familien zur ärztlichen Behandlung vorgestellt werden, was die psychologisch notwendige Entstigmatisierung der Krankheit behindert. Diese Beobachtung bedeutet freilich nicht, dass ärmere Kinder häufiger Kopfläuse haben. Pedikulose betrifft vielmehr alle Einkommensklassen gleichermaßen. Denkbar ist aber, dass der soziale Aspekt in der Arztpraxis eine stärkere Rolle spielt, weil für Kinder unter 12 Jahren hier die Möglichkeit einer Verordnung von Kopflauspräparaten auf Rezept besteht, während Betroffene in der Selbstmedikation die Therapiekosten selber tragen müssen.

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